In den letzten Tagen haben uns neben weiteren Unterzeichner*innen und Unterstützer*innen auch Rückmeldungen mit solidarischer Kritik erreicht. Und obwohl wir die urpsprüngliche Erklärung im Nachhinein nicht ändern wollen, weil sie in dieser Form von unterschiedlichsten Menschen unterschrieben worden ist, mit denen wir diese Änderungen auf die schnelle nicht absprechen könnten, möchten wir trotzdem an dieser Stelle auf die Rückmeldungen reagieren.
Wir bedanken uns für die Anmerkungen und die berechtigte Kritik!
Verstrickungen
Einer der Kritikpunkte, die uns erreicht hat, ist die fehlende Herausarbeitung der Verstrickungen verschiedenster menschenfeindlichen Ideologien.
In der Erklärungen haben wir zwar die rassistischen und faschistischen Motive erwähnt – der Antifeminismus, der Antisemitismus und die Verflechtungen dieser in den Ideologien der Neuen Rechten kamen zu kurz. Dabei war der Anschlag in Halle offensichtlich nicht nur rassistisch, sondern auch antisemitisch und antifeministisch motiviert. Der Attentäter war Teil der Incel-Szene. In dieser werden Rassismus und Antisemitismus in eine massivst antifeministische Ideologie eingeflochten. Auch der Attentäter, der in Hanau 9 Menschen aus rassistischen Motiven, dann seine Mutter und schließlich sich selbst tötete, hatte wohl mit der Incel-Szene Kontakt.
Um die Ideologie und die Weltsicht der Attentäter und der international vernetzten Neuen Rechten zu analysieren ist die Offenlegung dieser Verstrickungen von Rassismus, Antifeminismus, Antisemitismus und faschistischen Elementen unumgänglich!
Namen, die auch wir nicht vergessen wollen!
In unserer Erklärung tauchen zwei Namen von Opfern rechter Anschläge auf. Beide sind weiß. Das ist zurecht kritisiert worden, sind doch insbesondere people of color oder Nicht-Deutsche Betroffene rechter Anschläge und werden nicht nur bei rechten Anschlägen getötet, sondern auch im öffentlichen Diskurs erneut an den Rand gedrängt und vergessen. Wir sind demselben Mechanismus aufgesessen; die weißen Opfer sind prominenter in den Medien, nicht nur weil sie Politiker*innen waren, sondern auch, weil die bürgerliche, mehrheitlich weiße Gesellschaft sich eher an ihresgleichen erinnert als an die Angehörigen marginalisierter Gruppen.
Wir haben an dieser Stelle einen Fehler gemacht und das reproduziert, was wir und andere zurecht kritisieren. Schon seit Jahren fordern Betroffenen- und Angehörigen Initiativen, dass die Namen derjenigen, die in den letzten Jahrzehnten durch rechte Anschläge ums Leben gekommen sind, nicht vergessen werden sollen! Und auch wir sollten es uns zur Aufgabe machen, nicht zum Vergessen dieser Menschen beizutragen, sondern all ihre Namen und ihre Leben im Gedächtnis zu behalten!
In Hanau wurden am 19. Februar 2020 zehn Menschen getötet.
Ferhat Unvar
Mercedes Kierpacz
Sedat Gürbüz
Gökhan Gültekin
Hamza Kurtović
Kaloyan Velkov
Vili Viorel Păun
Said Nesar Hashemi
Fatih Saraçoğlu
Gabriele Rathjen, die Mutter des Täters
Initiative 19. Feburar: https://19feb-hanau.org/
In Halle wurden am 9. Oktober 2019 zwei Menschen getötet und viele weitere lebensgefährlich verletzt.
Jana Lange
Kevin Schwarze
Blog Halle nach dem Anschlag: https://anschlag.halggr.de/
Der NSU tötete von 2000 bis 2006 zehn Menschen. Die Verstrickungen verschiedenster staatlicher Organe in die Mordserie ist bis heute nicht endgültig aufgeklärt.
Enver Şimşek
Abdurrahim Özüdoğru
Süleyman Taşköprü
Habil Kılıç
Mehmet Turgut
İsmail Yaşar
Theodoros Boulgarides
Mehmet Kubaşık
Halit Yozgat
Michèle Kiesewetter
Blog Kein Schlusstrich: https://nsuprozess.net/startseite/